Staufen im Breisgau

Perle im Breisgau - die Fauststadt Staufen

„Das Land rechts des Rheins atmet ein einziges Lächeln“, schrieb der Dichter René Schickele. Und er war nur einer der vielen Poeten und Künstler, die von der herrlichen Landschaft und den heiteren Meinschen des Markgräflerlandes angezogen wurden und sie zu ihrer Wahlheimat machten. Zu ihnen gehörte auch Hellmut Holthaus, von dem folgende Geschichte stammt:

Mal mir eine Märchenstadt, sagte der kleine Bub zu seinem Vater, der ein Maler war. Der Vater machte ein bedenkliches Gesicht, weil er sich gerne gedrückt hätte, vor dem Auftrag, der nichts einbrachte, und sagte: Eine ganze Stadt, das ist zu viel, das kann ich nicht. Aber es braucht doch nur eine ganz kleine Märchenstadt zu sein! Gut, der Maler kannte seinen Sohn, er musste malen und stellte alle Farben bereit, die er hatte. Mit einer zierlichen Brunnenfigur fing er an. Er stellte sie auf eine Säule in einen runden Brunnen und den Brunnen auf einen schön gepflasterten Marktsplatz. Denn ein Brunnen, sagte er, muss selbstverständlich mitten hinein! Dann kam das Rathaus, das er mit einer prächtigen Fassade schmückte. Es folgten Häuser mit steilen Dächern, aus denen kleine Gaupenfenster lugten. In engen Gassen saßen auf vorspringenden Treppen viele Katzen, und ein rot-weißer Ochse zog einen Karren vorbei.

Marktplatz Staufen

Das Bild war aber noch nicht fertig. Die Stadt war so klein geraten, dass einer, der zur einen Seite hineinwollte, keinen Schritt zuviel machen durfte, weil er sonst auf der anderen Seite gleich wieder herauskam. Ringsherum war noch viel Platz, und der Maler machte um die Stadt einen Kranz von Kastanien-, Kirsch- und Pfirsichbäumen. Einen Bach ließ er von den Bergen herabkommen, in dessen frischem Wasser sich alte Platanen spiegelten. Ohne Bach geht es nicht, sagte der Maler. Nun lächelte er schon bei seiner Arbeit. Die größeren Berge bedeckte er mit dichten Wäldern, die lieblichen Hügel nahebei mit Weingärten. Auf einer Höhe über der Stadt stand eine Kapelle, auf dem Dach konnte man die Glocke sehen. Ein kleiner Berg, der schönste von allen, trug eine Burgruine. Unten aber fuhr eine winzige Lokomotive von der Art, wie sie alle Väter zeichnen, auch wenn sie keine Maler sind. Zum Schluss machte der Vater an den Himmel eine dicke Sonne mit goldenen Strahlen. Was hätte er auch anderes malen sollen? In einer Märchenstadt durfte nichts von alledem fehlen! Als sie fertig war, gefiel sie dem Maler selbst, und er sagte: Nur schade, dass es so etwas nicht in der Wirklichkeit gibt.

Staufenburg

Doch, das gibt es in der Wirklichkeit, sogar noch schöner, als ein fantasievoller Maler es sich ausdenken kann – was ja eigentlich kein Wunder ist, da Natur und Kulturgeschichte, die beiden großen Meisterrinnen, sich zusammengetan und große Mühe gegeben haben, das Bild in jahrhundertelanger Arbeit zu volleinden, ein kleines Kunstwerk mitten im großen, sonnenhellen Park zwischen Schwarzwald und Oberrhein: Staufen im Breisgau. Das Bild war schon im Mittelalter fertig, und das Wenige, was die Zeit seitdem daran geändert hat, hat seine Echtheit nicht verfälscht. Käme Dr. Faust wieder, er brauchte nicht nach dem Weg zu fragen. Schnurstracks ginge der alte Genießer in die Weinstube, wo er vor vierhundert Jahren manchen Bescher „Staufener Schlossberg“ trank, bevor ihn der Teufel holte.

Gasthaus zum Löwen in Staufen
Gasthaus zum Löwen in Staufen

Der Schriftsteller hatte vollkommen Recht. Natur und Kultur haben es mit der „Perle im Breisgau“ wirklich gut gemeint. Sein geschlossenes Stadtbild mit romantischen Winkeln und stilvollen Häusern hat sich Staufen erhalten können, und immer, wenn Ulrike und ich durch das Städtchen flanieren, verweilen wir vor fast jedem Haus, denn jedes ist eine historische Kostbarkeit, jedes kann seine eigene Geschichte erzählen. Manchmal kommt Staufen uns vor wie ein gehegtes und gepflegtes Souvenir aus längst vergangenen Zeiten. Ein kleiner Fluss, der Neumagen, fließt mitten durch den Ort. Ein See mit Enten spiegelt die Farben des Himmels wider, und die Burgruine thront wie eine Wächterin über dem Geschehen. Mitten auf dem Marktplatz stehen ein fast 500 Jahre alter Brunnen und rund herum schöne restaurierte, farbenfroh verputzte Häuser. An Markttagen wuselt buntes Leben auf dem Platz. Es gibt alles zu kaufen, was im Umland geerntet wird. Dort wird geschwätzt, gewogen, gehandelt. Die Neuigkeiten werden ausgetauscht, ganz so, wie es Johann Peter Hebel in einer Strophe seines alemannischen Gedichtes „Der Schwarzwälder im Breisgau“ beschrieben hat:

Z’Staufen uffem Märt
hen sie, was me gehrt,
Tanz und Wi und Lustberkeit,
was eim numme’s Herz erfreut,
z’Staufen uffem Märt!

Nahe beim Marktplatz ist das „Stubenhaus“. Es wurde 1436 erbaut und war der Ort für die geselligen und kulturellen Treffen im Leben der mittelalterlichen Bruderzünfte. Heute ist darin …

Vom Marktplatz aus geht es zur Martinskirche, einer der ältesten Kirchen des Landes. Ihre frühesten Ursprünge gehen auf das Jahr 1139 zurück. Es lohnt sich, diese Kirche zu besuchen, sich mit ihrer bewegten Geschichte zu beschäftigen und die Kunstwerke auf sich wirken zu lassen.

Östlich vom Marktplatz liegt die eigentliche Altstadt mit ihren mittelalterlichen, verwinkelten Gässchen und Hinterhöfen. Manche der Häuser stehen ein bisschen schief. Die Hinterhöfe sind wunderschön! Schmiedeeiserne Tore, Kopfsteinpflaster, Blumenkübel aus Terrakotta, bepflanzt mit Oleander in allen Farben, Düfte von Rasmarin und Lavendel, all das wirkt auf uns heimelig und freundlich. Kleine, steinerne Brunnen plätschern lustig vor sich hin und laden zur Erfrischung ein.

Zwischen dem Marktplatz und dem Aufgang zuzr Burgruine steht ein Brunnen der etwas anderen Art. Ein Weinpavillon, den die Winzergenossenschaft aufgestellt hat. Dort werden die verschiedenen badischen Weine zum Probieren ausgeschenkt und es herrscht immer reger Betrieb.

Ein paar Schritte weiter führt ein bequemer Fußpfad durch die Reben zur Ruine. Von dort oben hat man eine gute Aussicht auf das Städtchen und die Umgebung, wo es noch viel Sehenswertes zu entdecken gibt. Ich lade Dich ein, Ulrike und mich auf unserem Bummel durch Staufen zu begleiten:

Hier geht es in Kürze weiter. Bis bald. 🙂